Penisverkrümmung
Begriffserklärungen
Verkrümmungen und Verbiegungen des Penis werden in erworbene und in angeborene Penisverkrümmungen eingeteilt. Auf diese beiden Gruppen wird im weiteren Text separat eingegangen, da sie unterschiedliche Ursachen haben.
Als Penisverkrümmung wird jedes Abweichen der Penisform von der geraden Achse bezeichnet. Die Verkrümmung kann in jede Richtung erfolgen, auch korkenzieherartig um die Mittelachse. Eine Penisverkrümmungen muss nicht immer krankhaft sein. Von Natur aus gibt es eine große Palette unterschiedlicher aber durchaus normaler Penisformen. Jede Verkrümmung, die Schmerzen verursacht und/oder einen Geschlechtsverkehr unmöglich macht, ist Therapiebedürftig.
Bei der erworbenen Penisverkrümmung war der Penis zunächst gerade und veränderte sich erst im Laufe des Lebens. Es können Schmerzen bei der Erektion auftreten. Art, Ursache und Therapie werden im folgenden zuerst beschrieben.
Die angeborene Penisverkrümmung besteht wie der Name schon andeutet seit der Geburt. Naturgemäss fallen die Veränderungen erst in der Pubertät auf. Auf diese Verkrümmung wird am Ende des Artikels eingegangen.
Erworbene Penisverkrümmung
Penisverkrümmung mit Narbenbildung
Wissenschaftlicher Name: Induratio Penis Plastica IPP, Peyronie's Krankheit
In den meisten Fällen der erworbenen Penisverkrümmung handelt es sich um diese Krankheit die auch als IPP abgekürzt wird. Sie hat die männliche Hälfte der Menschheit wahrscheinlich schon immer begleitet. Sie wurde auf Grabbeigaben in Pompeij (79 n.Ch.) und bei griechischen Figuren dargestellt. Bereits im 16ten Jahrhundert wurde die IPP von den Anatomen Fallopius und Vesallius unter dem Aspekt der Impotenz beschrieben. Francois de la Peyronie, Leibarzt des Königs Louis XV brachte die Krankheit erstmals mit der Zeugungsfähigkeit in Verbindung (1743: "Some obstacles preventing the normal ejaculation in semen").Die Krankheit wird charakterisiert durch Plaques, mehr oder minder deutlich tastbare flache längliche Knoten, im Bereich des Penis.
Allgemeines
Die Plaques entwickeln sich meist an der Ober- oder seltener an der Unterseite des Penis. Im Bereich der Plaques kommt es zu einer Schrumpfung der Außenwand der Schwellkörper (corpora cavernosa) und zu einer konkaven Krümmung auf der Seite des Befalls. Finden sich Plaques auf beiden Seiten des Penis kommt es durch beidseitige Raffung zu einer deutlichen Verkürzung desselben. Der Harnstrahl und das Wasserlassen (Miktion) ist unbehindert. Besonders heimtückisch sind Verhärtungen (Indurationen) im oberen sulcus coronarius. Als sulcus coronarius wird die Schnürfurche bezeichnet, welche die Eichel vom weiteren Penis trennt. Eine Veränderung in diesem Bereich führt oft zu einer Beeinträchtigung des dort verlaufenden Gefäß- und Nervenstranges. Erektionsschwäche und Taubheit in der Eichel können die Folge sein.
Die Plaques sind das Endergebnis eines entzündlichen Prozesses im Bereich der Außenwand der Schwellkörper (tunica albuginea) mit bislang ungeklärter Ursache. Häufig beginnen sie als schmerzlose, von außen unbemerkte Reaktionen die sich im weiteren Verlauf in eine harte Narbe umwandelt. In einigen dieser Narben könne kleine und auch große Kalkinseln nachgewiesen werden.
Die Plaques sind immer "gutartig" und zeigen keine lokale Hautreaktion, wie Rötung und Geschwüre, im Gegensatz zu der sehr seltenen Differential-Diagnose eines Peniskrebses. Bei Verdacht. auf dieses Krankheitsbild sollte vom Urologen ein Kernspinntomogramm durchgeführt werden.
Am häufigsten tritt eine milde Form der IPP auf, welche ohne Behandlung in 6 bis 15 Monaten folgenlos ausheilt. Statische Zustände (kein Fortschreiten), Schübe (plötzliche Verschlimmerung) und Regression (Zurückbilden) der Krankheit wurden auch ohne Behandlung berichtet. In schwereren Fällen verhindern Schmerz bei der Erektion, Krümmung und eine eventuell gleichzeitig auftretende Erektionsstörung den Beischlaf. Dies kann aber auch in dem emotionaler Stress durch Auftreten der Krümmung begründet sein.
Vorkommen und Häufigkeit
Überschaut man die derzeitige Literatur werden ca. 0,15 bis 1% aller Männer im Laufe Ihres Lebens von der IPP befallen (Köstler 1975). Eine geographische oder Rassenspezifische (etnologische) Bevorzugung scheint nicht zu bestehen. In 10% besteht ein gleichzeitiges Auftreten mit anderen Erkrankungen des Bindegewebes, wie der Kontraktur der Handinnenfläche (Dupuytrensche-Kontraktur) und der Kontraktur der Fußsohlen (Morbus Ledderhose). In beiden Fällen verdicken sich dort die Sehnenplatten und verkrümmen sich durch Schrumpfung. Am häufigsten tritt die Erkrankung zwischen dem 40-60tes Lebensjahr auf. (Pryor 1989).
Entstehung
Es gibt, wie bei allen nicht eindeutig erklärbaren Krankheiten, viele Theorien zu Entstehung. Eine Biegeverletzung des (teil-)erigierten Penis führt zu einer Abscherung innerhalb der Wand der Schwellkörper und durch eine entzündliche Reaktion darauf zu einer Narbe zwischen Tunica Albuginea und Faszia Penis Profunda . (Devine and Horton 1988).
Ursachen
Als Ursachen der IPP zur Zeit folgende Probleme diskutiert:
- Vitamin E Mangel
- Angeborenes Leiden? – In Fällen mit besonders ausgeprägten Verkalkung zwischen beiden großen Schwellkörpern, (septum intracavernosum) wird ein Überbleibsel der Evolution (Atavismus) vermutet. Gewisse Säugertiere (u.a einige Primaten (Affen), Hunde, Nagetiere und Wale) besitzen dort einen Knochen in der Mitte des Penis, der als Penisknochen (Os Penis) bezeichnet wird.
- Autoimmunes Geschehen:
- In 3 - 10% der Erkrankungen waren zuvor regelmäßig Spritzen mit erektionsauslösenden Medikamenten in die Schwellkörper gegeben worden, wie es bei der sog. SKAT (Schwellkörper-Auto-Injektions-Therapie) der Impotenz üblich ist.
- -Diverse Medikamente werden angeschuldigt, aber es fehlt noch jeder sicherer Beweis
Beispiel: Beta-Blocker, Blutdruckmedikamente (Yudkin 1977)
- Diagnose
Die Diagnose dieser Krankheit sollte immer durch einen erfahrenen Urologen erfolgen. Keinesfalls sollten Sie Medikamente absetzen oder unüberlegte Schritte unternehmen und der Verzweiflung anheimfallen. Wie bei allen Krankheiten ist eine frühe Diagnose entscheidend. Zögern Sie bei Veränderungen am Penis nicht zum Urologen zu gehen, hier ist Scham fehl am Platz.
Der Urologe wird unter anderem folgende Schritte unternehmen:
- Anamnese (Erheben eines Überblicks über alle Operationen und Krankheiten in der Vorgeschichte) und körperliche Untersuchung.
- Eigenfotografie: Mittels Fotografien des erigierten Penis aus drei Richtungen in regelmäßigen Zeitabständen (z.B. halbjährlich) kann ein Therapieerfolg oder -mißerfolg beurteilbar werden. Hier bietet sich eine Sofortbild- oder Digitalkamera an, da viele Patienten verständlicherweise eine Papierbildentwicklung ablehnen.
- Um die Verkrümmung beurteilbar zu machen kann die Erektion künstlich in der Arztpraxis ausgelöst werden. Dies erfolgt beispielsweise durch eine schmerzlose Injektion von Medikamenten in die Schwellkörper (SKIT) oder durch Anlegen einer Vakuumpumpe. Während dieser künstlich ausgelösten Erektion kann eine Ultraschalluntersuchung des erigierten Penis genaue Größen- und Lageangaben der Plaques ermöglichen.
- Ein weiteres Verfahren zur Darstellung der Verkalkungen ist die Röntgenweichteilaufnahme des erigierten Penis, die der Mammographietechnik angelehnt ist. Hierbei wird jedoch eine relativ hohe Röntgenbelastung direkt im Bereich der (abzuschirmenden) Hoden frei. Deshalb sollte diese Untersuchung vorsichtshalber nicht bei jungen Patienten mit bestehendem Kinderwunsch durchgeführt werden.
- Bei unklarem Befund und Verdacht auf eine gefährliche Erkrankung kann ein Kernspinntomogramm (MRI) des erigierten Penis weitere Informationen erbringen.
- Manchmal wird auch eine Röntgen-Kontrastmitteldarstellung der Schwellkörper (Cavernosographie) aus gleichem Grunde durchgeführt.
- Alle Befund sollten gut dokumentiert werden.
Behandlungsmethoden
Wichtige Vorbemerkungen:
!!! Folgende Medikamentenangaben und Dosierungen können fehlerhaft oder nicht mehr aktuell sein, Sie sollten sich immer nach den Angaben des behandelnden Arztes richten !!!
!!! Niemals Eigentherapie ohne hinzuziehen eines erfahrenen Arztes !!!
!!! Für Schäden kann und wird keine Haftung übernommen !!!
!!! Folgende Behandlungsmethoden sind Beispiele und können abgewandelt sein !!!
!!! Merke: Das letzte Wort zur Behandlung hat Ihr Arzt !!!
Vitamine
In leichten Fällen gab es einen guter Erfolg mit Vitamin E Therapie. Eine kürzlich im November 2004 erschienene Studie der Johns Hopkins University in Baltimore fand aber einen Zusammenhang zwischen Vitamin E Einnahme und Herzinfarkt. Bisher hatte man angenommen, dass die Einnahme von Vitamin E auch in höheren Dosen ungefährlich sei und sogar vor Herzinfarkten schützen könne. Aus diesem Grunde rate ich von einer Vitamin E Kur ab bis dieser Widerspruch geklärt ist.
Kalium-Aminobenzoat
Kalium-4-Aminobenzoat ist ein Bestandteil des Vitamin B Komplexes. Es wird vermutet, es sowohl die Sauerstoffaufnahme im Binde-gewebe, als auch die Monoamino-Oxidase und somit die Narbenbildung (Fibrosierung) hemmt. Wichtig ist die Kontrolle der Nierenwerte, bei Nierenerkarnkungen sollte es nicht verwendet werden.
Colchizin
Ein Spindel-Gift mit direkter Wirkung auf die weißen Blutkörperchen. Wirkt stark Entzündungshemmend. Es wurde Schmerzverminderung, seltener ein Rückgang der Verkrümmung und der Plaques berichtet
Lokale Injektionen (Spritzen in die Plaques)
- Injektion von kortisonhaltigen Medikamenten: Diese werden wegen der Gefahr des von Gewebeschäden im Bereich der Einstichstelle nur noch selten verwendet.
- Injektion von speziellen Blutdruckmedikamenten
Calcium-Antagonisten unterbrechen die Produktion von Kollagenvorstufen am Wirkungsort
Meist kann ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern werdenDie Verkrümmung bessert sich meist nicht sondern bleibt unverändert, schreitet jedoch meist nicht fort. Meist kommt es zu einer Besserung vorbestehender Schmerzen
Operationen
Da sich diese Krankheit in den ersten 18 Monaten von selbst stoppen und sich sogar zurückbilden kann, sollte in diesem Zeitraum von einer Operation abgeraten werden.
Es gibt prinzipiell drei unterschiedliche Operationsverfahren
1. kurze (vom Plaque zusammengezogene) Seite verlängern => Plaque-Ausschneiden und Fütterung des Defektes mit eigenem oder künstlichem Gewebe. (Dermis, Dura, Goretex . . .)
2. lange Seite kürzen => Raffung der Tunica mit Nähten (Nesbit-Verfahren): Ausschneiden eines Gewebstückes auf der gesunden Seite, die dem Plaque gegenüberliegt und Verschluß. Dabei wird die gesunde Seite gerafft und der Penis geradegebogen.
3. Modellieren des Penis um eine Penisprothese: Dabei wird eine Penisprothese als Form genommen und der Penis um die Prothese herum neu aufgebaut.
Bei allen Operationsverfahren, die einen Hautschnitt entlang der Schnürfurche unterhalb der Eichel erforderlich machen, sollte die Vorhaut entfernt werden um einer erhöhten Infektionsgefahr nach der Operation zu begegnen.
Fazit zur erworbenen Penisverkümmung
Die ersten 12 bis 18 Monate sollte nicht operiert werden. In dieser Zeit kann ein medikamentöser Behandlungsversuch erfolgen. Falls es in diesem Zeitraum zu einer deutlichen fortschreitenden Verschlechterung kommt kann u.U. eine radioaktive Bestrahlung erwogen werden. Bei Stillstand der Symptomatik können u.U. die Medikamente abgesetzt werden (ausschleichen) und der weitere Fortgang abgewartet werden ("wait and see"-Taktik). Falls die Krankheit nach dieser Zeit zum Stillstand gekommen und ein Geschlechtsverkehr un- oder nur mit Einschränkung möglich ist sollte man sich eine Operation überlegen. Falls schon vorher eine gesicherte erektile Impotenz bestand empfiehlt sich die Verwendung einer Penisprothese wie oben beschrieben. Diese Erektionsstörung sollte aber sorgfältig abgeklärt sein, da die IPP verständlicherweise auch zu schweren psychischen Problemen führen kann, die einen organischen Erektionsverlust vortäuschen können, aber im Gegensatz dazu reversibel sind.
Seltenere Ursachen der erworbenen Penisverkrümmung:
Penisverletzungen
Penisruptur; Penisfraktur
Die Schwellkörperumhüllung des Penis können bei erhöhter Belastung (meist bei vollständiger Erektion und Belastung (Geschlechtsverkehr) zerreißen Dies ist meist mit einem Geräusch (lauter Knall) und plötzlichem starken Schmerz verbunden. Die Schmerzen halten längere Zeit an und die Penisverkrümmung steht in zeitlichem Zusammenhang mit diesem Ereignis. Da es fast immer zu einer stärkeren Blutung kommt, sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.
Natürlich können Unfälle die den Penis in Mitleidenschaft ziehen ebenfalls diese Auswirkungen haben. Frische Penisfrakturen sollten operativ durch Verschluss des Risses versorgt werden.
Durch Behandlung verursachte (iatrogene) Penisverkrümmung
Auch Harnröhrenstrikturen und-schlitzungen können zu einer Penisverkrümmung führen.
Tumorerkrankungen
In sehr seltenen Einzelfällen kann auch ein bösartiger Tumor der Schwellkörper die Ursache einer erworbenen Penisverkrümmung sein. In diesen Fällen ist die Haut über der nach innen gebogenen Krümmung (konkave Seite) meist gerötet und geschwollen. Vor allem im Frühstadium sind meist keine Schmerzen vorhanden. Im weiteren Verlauf kommt es zu einem schnellen Fortschreiten des Tumors. Geschwüre an der Haut können auftreten. Nicht nur aus diesem Grunde sollte die Beurteilung einer Penisverkrümmung immer und umgehend durch einen Urologen erfolgen. Denn hier ist eine frühzeitige Therapie entscheidend.
Angeborene Penisverkrümmung (kongenitale Penisverkrümmung)
Diese Penisverkrümmungen können in einer angeborenen Verkürzung oder Veränderung eines Schwellkörpers begründet liegen. Hier kann, falls ein Geschlechtsverkehr nicht möglich ist, mit der Nesbit-Operation Abhilfe geschaffen werde. Einer operativen Revision ausschließlich aus kosmetischen Gründen ist dringend abzuraten, da die möglichen Komplikationen (Blutung, Entzündung, Narbenbildung, Schmerzen und (selten) Erektionsverlust) in diesem Falle zu gravierend sind.
In seltenen Fällen kann sich eine verkürzte Harnröhre in einer Penisverkrümmung äußern, die einer besondere Operation bedarf. Kennzeichnend ist hier meist eine Verkrümmung des Penis nach unten und eine meist schmerzhafte Einziehung um die Mündung der Harnröhre an der Eichel bei Erektion. Auch hier ist eine Operation nur bei deutlichen Schwierigkeiten beim Geschlechtsverkehr und/oder Schmerzen zu empfehlen..
Unsichere Jugendliche glauben manchmal, dass Sie aufgrund Ihrer Penisverkrümmung schlechtere Chancen beim weiblichen Geschlecht haben. Dies ist aber meist Ausdruck einer allgemeinen Unsicherheit die ein Ventil in kleinen organischen Mängeln findet. Oft wird dann eine kleine Verkrümmung, die bei vielen Männer vorhanden ist, der Angelpunkt für alle Ängste und Nöte bei der Partnersuche. Dies kann sich bis zur Selbstisolation steigern. Wird das Problem nun (mit allen Risiken) operativ behoben, wird ein neues Problem, warum man keine Partnerin finden kann, gesucht und gefunden. Wichtig ist sich über diesen Teufelskreis selbst bewusst zu werden um ihn zu durchbrechen! Meist ist dies nur mit professionellem Beistand seitens eines Psycho- oder Sexualtherapeuten möglich. Die Adresse sollte der Hausarzt vermitteln können.
Stand: 2. Januar 2016